Gerne unterstreicht die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie sehr sich Deutschland in der Krise engagiert und für die Kredite der schwachen Eurostaaten wie Spanien oder Griechenland bürgt. Aber Deutschland ist auch der absolute Krisengewinner: Die Zinsen für Deutschlands Schulden sind auf absolutem Tiefstniveau. Seit über 20 Jahren durfte das Land nicht so billig Schulden machen wie im vergangenen Jahr. Die Anleger reißen sich um deutsche Staatsanleihen, weil die als besonders sicher gelten – ganz anders als die Papiere aus Griechenland oder Spanien. Das spart dem Bundeshaushalt viel Geld.
Der schwache Eurokurs hilft auch den deutschen Exportunternehmen. Ihre Produkte sind dadurch in Japan oder den USA besonders preisgünstig und deshalb begehrt. Deutschland wird immer wieder als Exportweltmeister gefeiert.
Risiko für Unternehmer ist gesunken
Davon profitiert zum Beispiel die Firma Emka im nordrheinwestfälischen Velbert. Sie liefert Türgriffe, Autoteile und Scharniere in alle Welt. 60 Prozent ihrer Produkte gehen ins Ausland. Die Hälfte davon in andere EU-Länder. Auch hier hilft die gemeinsame Währung, sagt Geschäftsführer Friedhelm Runge: „Vor zehn, elf Jahren mussten wir noch mit mehr als 15 verschiedenen Währungen rechnen. Der Euro hat uns das sehr vereinfacht.“
Auch das Risiko ist für den Unternehmer gesunken. Er muss in seiner Kalkulation nämlich keine Kursschwankungen zwischen den verschiedenen Währungen einrechnen. So bleiben für ihn die Preise im Einkauf stabil.
"Es geht auch um Arbeitsplätze"
Die Unternehmensberatung McKinsey hat errechnet, dass die europäische Gemeinschaftswährung der deutschen Wirtschaft stolze 165 Milliarden Euro Gewinn gebracht hat. Deshalb findet es Unternehmer Runge völlig normal, dass Deutschland die ärmeren EU-Staaten unterstützt. „Wir müssen alles tun, um den Euro zu retten. Es geht nicht nur um uns Unternehmer, sondern auch um Arbeitsplätze.“
Auch in Brüssel fordern immer mehr Politiker von Angela Merkel mehr Einsatz in der Krise. Der italienische Ministerpräsident Mario Monti verlangt zum Beispiel gemeinsame Schuldscheine für alle Euroländer. Bisher sperrt sich die deutsche Bundesregierung dagegen, weil Deutschland dann vermutlich höhere Zinsen zahlen müsste als bisher.
Kompromiss: Altschuldenfonds
Der deutsche Sachverständigenrat für Wirtschaft hat als Kompromiss einen Altschuldenfonds vorgeschlagen. Das bedeutet: Alle Länder dürfen die Schulden, die über den von der EU erlaubten 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, in einen Fonds einzahlen. Der wird dann von allen Euroländern gemeinsam getilgt. Darüber wird Angela Merkel wohl auch beim nächsten EU-Gipfel in Brüssel mit ihren Kollegen reden müssen. Egal wie nun Deutschland seinen Partnern hilft – klar ist, dass sich Berlin nicht nur die Rosinen aus dem Eurokuchen picken kann. Denn das gefährdet langfristig das gesamte europäische Projekt.